Überspannungsschutz: Komme mit Varistoren nicht weiter

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DocEmmettBrown
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Überspannungsschutz: Komme mit Varistoren nicht weiter

#1

Beitrag von DocEmmettBrown »

Hallo zusammen, ich hänge hier vollkommen fest :(

Ich brauche einen Überspannungsfeinschutz (also hinter einem SPD Typ-2 für 150 VDC, Fertigprodukt), der im Idealfall alles, was an über 100 VDC von einem EMP-Ereignis (z.B. Blitz in einer gewissen Nähe) noch über die DC-Leitung hineinkommt, z.B. mit PE kurzschließt.

Eigentlich wollte ich dazu die bekannten Gasableiter nehmen, die man aber entweder an AC betreibt, damit sie beim Nulldurchgang wieder verlöschen, oder bei dem die Löschspannung unterschritten werden muß (also die DC-Betriebsspannung muß in jedem Fall unterhalb der Löschspannung sein). Dennoch werden sie laut EPCOS, obwohl sie eigentlich für DC geeignet sein müßten, hauptsächlich für AC- und Telekommunikations-Anwendungen verwendet, was mich bereits irritiert.

Die andere Variante wären MOVs (Varistoren), die es genau für meine DC-Wunschspannung gäbe, z.B. den S20K75. Jedes EMP-Ereignis und auch die bloße Zeit an sich lassen MOVs aber altern, womit sie nach und nach niederohmiger werden, wodurch dann ein immer höherer Strom fließt, der im MOV als Wärme verheizt wird, bis er irgendwann abbrennt. Kein Problem, man kann den MOV ja einfach mit einer Thermosicherung und einem Kabelbinder oder einem Stück Schrumpfschlauch absichern, die ab einer bestimmten Temperatur dann auslöst und den MOV sicher und vor allem sehr endgültig abtrennt.

Das Blöde dabei ist aber, daß es die ganzen Thermosicherungen für DC wegen der Lichtbogengefahr scheinbar alle nur im Klein(st)spannungsbereich gibt, aber nicht für Spannungen jenseits der gewünschten 100 VDC. Bei AC wird man förmlich erschlagen, aber bei DC sieht's richtig mau aus. Das einzige Exemplar, was ich gefunden habe, ist das ESKA 733.000-S mit 125 VDC (paßt!), 20 A (paßt auch!) und löst ab 102 °C (paßt ebenfalls!) aus. Aber nicht mal Conrad hat die Dinger im Angebot und Google findet auch nix.

Wie gesagt: Bei AC ist das alles total einfach, aber bei DC sieht's richtig dünn aus. Komme nicht weiter. :(

73 de Daniel
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Re: Überspannungsschutz: Komme mir Varistoren nicht weiter

#2

Beitrag von Nosensus »

DocEmmettBrown hat geschrieben: Mo 23. Jan 2023, 01:23 Hallo zusammen, ich hänge hier vollkommen fest :(

Ich brauche einen Überspannungsfeinschutz (also hinter einem SPD Typ-2 für 150 VDC, Fertigprodukt), der im Idealfall alles, was an über 100 VDC von einem EMP-Ereignis (z.B. Blitz in einer gewissen Nähe) noch über die DC-Leitung hineinkommt, z.B. mit PE kurzschließt.

Daniel, mir fällt dazu nur folgende Anlaufstellen ein:
1.Den Herrn Panzer, der ein Buch über Blitzschutz und Überspannungsschutz für AFU-Anlagen geschrieben hat.
2.Die VDE bzw. dessen Herren die im Kontrollauschuss für Normen (Dipol hier im Forum gehört dazu) sind.
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wisi-testpilot
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Re: Überspannungsschutz: Komme mir Varistoren nicht weiter

#3

Beitrag von wisi-testpilot »

Hallo Daniel,
oben schreibst du über Überspannungsschutz, unten von Thermosicherung.
Interessant wäre zu wissen, welche Schaltung du absichern willst. Bei mir sind die geerdeten Empfänger / SDR-Dongles über USB-Isolatoren von den PCs getrennt. Die gehen zwar nur bis 1000 V, aber das ist besser als nichts und verhindern zudem noch Erdschleifen.
Viele Grüße
Wilhelm
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Meine QRZ.COM Seite ist noch im Aufbau.
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DocEmmettBrown
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Re: Überspannungsschutz: Komme mir Varistoren nicht weiter

#4

Beitrag von DocEmmettBrown »

Nosensus hat geschrieben: Di 24. Jan 2023, 16:05mir fällt dazu nur folgende Anlaufstellen ein:
1.Den Herrn Panzer, der ein Buch über Blitzschutz und Überspannungsschutz für AFU-Anlagen geschrieben hat.
2.Die VDE bzw. dessen Herren die im Kontrollauschuss für Normen (Dipol hier im Forum gehört dazu) sind.
Also im AFu- oder allgemein Funkbereich werden i.d.R. Gasableiter benutzt, die aber im Gegensatz zu Varistoren nicht durch Überspannungsereignisse zerstört werden. (Bzgl. Langzeitfolgen kenne ich mich aber nicht aus.)

Die VDE nützt mir nur als grobe Richtschnur etwas, weil diese in ganz speziell meinem Fall keine Vorschrift liefert. Ich mache das also freiwillig einfach deswegen, weil ich auf überhaupt gar keinen Fall die EMP-Energie eines weiter entfernten Blitzes im Haus haben will. Daß ich die VDE-Regeln dabei natürlich als Maßstab nehme, einfach weil die Jungs und Mädels vom Verband ihr Handwerk verstehen, versteht sich da natürlich von selbst. Deswegen will ich ja auch "außen" einen SPD-Typ-2-Grobschutz haben und "innen" einen SPD-Typ-3-Feinschutz. Den Typ-2 werde ich als Fertigprodukt von Dehn kaufen, dann erspare ich mir die Entwicklung und Dehn gehört in dem Bereich zur absoluten Spitzenklasse. Nur ist die Spannung, die der Dehn absichert, mir immer noch zu hoch, will heißen: Ich will als Feinschutz alles oberhalb von 100 V wegbügeln. Und da gibt es nichts fertiges auf dem Markt, da muß ich selber etwas mit meinem halben Halbwissen zusammenmurksen, entweder eine Lösung mit einem MOV-Varistor S20K75 oder vielleicht auch eine blitzschnelle TVS-Suppressordiode 1.5KE100CA.

Egal, ob MOV oder TVS: beide Bauelemete können bei einem näheren Einschlag (von einem Volltreffer ist ganz bewußt nicht die Rede) beschädigt und leitend werden. Wenn nun 850 Wp durch den/die defekte(n) MOV/TVS fließen, wird er/sie extrem heiß mit akuter Brandgefahr. Deswegen sichert man mindestens die MOVs typischerweise mit Temperatursicherungen ab - für AC leicht aufzutreiben, bei DC extrem schwierig. Und genau da hänge ich fest. :(
wisi-testpilot hat geschrieben: Di 24. Jan 2023, 16:56oben schreibst du über Überspannungsschutz, unten von Thermosicherung.
Interessant wäre zu wissen, welche Schaltung du absichern willst. Bei mir sind die geerdeten Empfänger / SDR-Dongles über USB-Isolatoren von den PCs getrennt. Die gehen zwar nur bis 1000 V, aber das ist besser als nichts und verhindern zudem noch Erdschleifen.
Bei mir geht es um eine Mikro-PV-Anwendung mit einem MPPT mit einer Maximalspannung von 100 V, deswegen steht das hier auch unter "Technik allgemein". Bin derzeit noch im Planungsstadium.

In meiner schieren Verzweiflung habe ich mal nach trägen DC-Schmelzsicherungen gesucht und diese ab 100 mA gefunden. Da können dann aber rechnerisch in meinem Fall immer noch 8,5 W durchfließen und wenn ich mir überlege, wie heiß eine große E27-LED-Lampe mit 9 W noch werden kann...

73 de Daniel
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DocEmmettBrown
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Re: Überspannungsschutz: Komme mir Varistoren nicht weiter

#5

Beitrag von DocEmmettBrown »

Update:

Bin am überlegen, ob im obigen Beispiel die Serienschaltung aus AC-Temperatursicherung und DC-Schmelzsicherung des Rätsels Lösung ist. Die Schmelzsicherung macht bei 100 mA den Sack zu und Ströme unter 400 mA (Wikipedia) oder 300 mA (Elektronik-Praxis, S. 2+3) sollen keinen Lichtbogen mehr auslösen - und dann ginge am MOV befestigt nämlich auch eine (oder zwei) AC-Schmelzsicherunge(n).

Ist bisher erst mal nur eine Idee, für die ich in Sachen Lichtbogen noch ein wenig nachlesen muß.

73 de Daniel
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Re: Überspannungsschutz: Komme mir Varistoren nicht weiter

#6

Beitrag von noone »

Mit Schalter Signalleitung auf Masse wenn Empfänger aus.

Sendeschluss ..... vergessen sie nicht ihre Antenne zu erden.....
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DocEmmettBrown
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Re: Überspannungsschutz: Komme mit Varistoren nicht weiter

#7

Beitrag von DocEmmettBrown »

Hat sich inzwischen erledigt:
Ich werde beim Feinschutz doch keine Varistoren (MOVs) einsetzen, sondern stattdessen Suppressordioden (TVSs).

73 de Daniel
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Überspannungsschutz: Entstörung eines Relais'

#8

Beitrag von DocEmmettBrown »

Mahlzeit!

Und das Elend nimmt seinen Lauf: Um einen größeren DC-Strom schalten zu können, benötige ich ein Relais, also so'n Ding mit einer Spule. Wenn eine Spule stromlos geschaltet wird, bricht bekanntlich das Magnetfeld zusammen, wobei eine mitunter recht hohe Spannung induziert wird, die man mit einer Freilaufdiode (und ggf. zusätzlich mit einer Z-Diode) wie hier beschrieben ableiten kann. Soweit der triviale Teil.

Meine Frage ist aber nun, mit welchen Spannungen ich bei einem abfallenden Relais für die Wahl der Dioden zu rechnen habe. In solchen Datenblättern (als Beispiel) findet sich zu so etwas ja kein Hinweis. Und um direkt an der Relaisspule mein Oszi anzuschließen, dazu bin ich nicht bescheuert genug. :P

Kann man das irgendwie ausrechnen/abschätzen, brauche ich dazu einen Hochspannungstastkopf (hoffentlich hat der keine Drahtwiderstände eingebaut!) oder tüddelt man sich da am besten selber einen geeigneten Spannungsteilertastkopf zusammen?

73 de Daniel
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Re: Überspannungsschutz: Komme mit Varistoren nicht weiter

#9

Beitrag von DH2PA »

Die Freilaufdiode verhindert dass sich eine hohe Spannung bildet, somit liegt auch keine hohe Spannung an der Freilaufdiode an, da sich diese ja garnicht aufbauen kann. Du brauchst somit keine spezielle Diode für hohe Spannungen, die gängigen Standardtypen reichen.

Patrick -DH2PA-
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Re: Überspannungsschutz: Komme mit Varistoren nicht weiter

#10

Beitrag von gernstel »

Das zusammenbrechende Magnetfeld bewirkt eine Induktionsspannung in umgekehrter Polarität.
Und genau die wird durch die Schutzdiode in Leitrichtung kurzgeschlossen, so dass bei der Auswahl dieser Diode nur deren Sperrspannung in Höhe der Nennspannung der Relaisspulen-Betriebsspannung zu berücksichtigen ist.

Bei einem mit 12 V angesteuerten Relais reicht also eine Schutzdiode mit 50 V Sperrspannung völlig aus, weil sie in Sperrrichtung nur mit 12 V beaufschlagt wird.
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Re: Überspannungsschutz: Entstörung eines Relais'

#11

Beitrag von DocEmmettBrown »

DH2PA hat geschrieben: Do 23. Feb 2023, 07:44Die Freilaufdiode verhindert dass sich eine hohe Spannung bildet, somit liegt auch keine hohe Spannung an der Freilaufdiode an, da sich diese ja garnicht aufbauen kann.
gernstel hat geschrieben: Do 23. Feb 2023, 09:38Bei einem mit 12 V angesteuerten Relais reicht also eine Schutzdiode mit 50 V Sperrspannung völlig aus, weil sie in Sperrrichtung nur mit 12 V beaufschlagt wird.
Also steigt die von der Relaisspule induzierte Spannung sehr schnell bis zur Schwellenspannung an, die Freilaufdiode wird leitend und muß nun nur noch die induzierte Stromspitze verkraften, weil sie ja verständlicherweise ohne Vorwiderstand betrieben wird. (Da sollte ich bei der billigen 1N4007 auf der sicheren Seite liegen.) Ok, das ist nachvollziehbar.

Und wie sieht das jetzt am Schaltkontakt aus? (Leistungsschütz, aber immer noch DC!) Brauche ich da ein funkenlöschendes Snubber-Network an den Schaltkontakten oder reicht es aus, wenn ich die DC-Spule des folgenden Leistungsschützes einfach mit der obigen Diodenmethode beschalte, weil das Schütz dann aus "Sicht" des Ansteuerrelais' ja wieder zu einer rein ohmschen Last wird?

73 de Daniel
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Re: Überspannungsschutz: Komme mit Varistoren nicht weiter

#12

Beitrag von Jack4300 »

Die Spule hatte gerne, dass genau der Strom, der ihr Magnetfeld induziert weiter fließt. Mach den abschalten fließt er einfach über Diode weiter bis durch ohmsche Verluste die Energie in der Spule aufgebraucht ist. Die dabei an der Diode anliegende Spannung kannst ihre Kennlinie entnehmen. Der maximal fließende Strom lässt sich über den Widerstand der Spule und die Speisespannung berechnen. Es gibt also ohne Freilaufdiode eine Spannungssitze die so hoch ist, dass der entsprechende Strom sich seinen Weg sucht. Eine Stromspitze gibt es aber auch mit nicht.
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Re: Überspannungsschutz: Komme mit Varistoren nicht weiter

#13

Beitrag von DocEmmettBrown »

Jack4300 hat geschrieben: Fr 24. Feb 2023, 06:17Es gibt also ohne Freilaufdiode eine Spannungssitze die so hoch ist, dass der entsprechende Strom sich seinen Weg sucht. Eine Stromspitze gibt es aber auch mit nicht.
Also mit Freilaufdiode müßte es beim Zusammenbruch des Magnetfeldes einen Stromstoß geben, der dann "langsam" abklingt, bis die ganze Magnetfeld-Energie in Wärme umgewandelt ist. Ich stelle mir das in etwa so vor.

73 de Daniel
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Re: Überspannungsschutz: Komme mit Varistoren nicht weiter

#14

Beitrag von Jack4300 »

Nur dass in dem Beispiel nahezu ideale Bauteile verwendet werden und daher ein seeehr hoher Strom fließt, der nur seeehr langsam abfällt. Ein Widerstand in Reihe mit Diode und Spule würde eine bessere Simulation ergeben. Ich frage mich aber auch ob die erreichbare Abfallzeit für einen Feinschutz ausreichend ist.
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DocEmmettBrown
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Re: Überspannungsschutz: Komme mit Varistoren nicht weiter

#15

Beitrag von DocEmmettBrown »

Jack4300 hat geschrieben: Fr 24. Feb 2023, 09:19Ich frage mich aber auch ob die erreichbare Abfallzeit für einen Feinschutz ausreichend ist.
Nee, nee, darum geht es nicht. Geplant ist eine einstellbare NTC-Temperaturüberwachung, welche, sobald ein Schwellwert überschritten ist, die komplette Geschichte mit einem DC-Schütz (eigentlich drei Schütze, aber egal) galvanisch trennt und danach sich selbst abschaltet. Ich will dabei keine Schaltlichtbögen haben und auch keine Überspannungen durch irgendwelche Relaisspulen.

Den Feinschutz vom Beginn dieses Threads werde ich mit TVS-Dioden umsetzen und sollte da irgendwann irgendwie mal irgendetwas heiß werden (ab 40 °C?), soll sich die Anlage selbst abschalten - das ist die Idee. ;)

73 de Daniel
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