Pressefreiheit und Abhörverbot - Verfahren eingestellt

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Lawfactory CGN

Pressefreiheit und Abhörverbot - Verfahren eingestellt

#1

Beitrag von Lawfactory CGN »

Pressefreiheit und Abhörverbot

Die Staatsanwaltschaft Essen ermittelte Anfang 2005 gegen ein Presseunternehmen mit Sitz in Essen wegen Verstoßes gegen das Abhör- und Mitteilungsverbot (§ 148 Abs. 1 Nr. 1 TKG). Anlass für die Aufnahme der Ermittlungen war eine anonyme Anzeige. In dieser wurde behauptet, in den Redaktionsräumen des Unternehmens und in den Privaträumen des Geschäftsführers und der Firmeninhaberin würden BOS Aussendungen mit Breitbandempfängern (Scanner) abgehört und die Informationen an Kameraleute weitergegeben werden. Sodann würden diese Videoaufnahmen an den Örtlichkeiten anfertigen und das Videomaterial unterschiedlichen Fernsehsendern zum Kauf anbieten. Auf Grundlage einer Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung des Amtsgerichts Essen-Borbeck ( 3 Gs 7/05) wurden die Geschäfts- und Privaträume durchsucht und dort verschiedene Scanner sichergestellt. Sichergestellt wurde ferner ein eingeschalteter Personal Computer der mit einem Scanner verbunden war, BOS Nachrichten aufzeichnete und die empfangenen Nachrichten auf dem Bildschirm darstellte. Die Beschwerde des Betroffenen gegen die Durchsuchungsanordnung wurde durch Beschluss des Landgericht Essen (26 Qs 80/05) vom 12.10.2005 verworfen. In den Gründen führte das Gericht aus, dass bei anonymen Anzeigen zwar eine nicht unerhebliche Missbrauchsgefahr gegeben sei, jedoch schildere die Anzeige einen konkreten Sachverhalt und zeuge von Insiderkenntnissen. Demnach sei auch ein Anfangsverdacht gegeben und dieser rechtfertige einen Eingriffs in Art. 13 Abs. 2 GG (Unverletzlichkeit der Wohnung). Die Auswertung der auf dem PC befindlichen Software POC32 durch die Polizei ergab, dass der Computer in einem bestimmten Zeitraum pro Tag mindestens 78 POCSAG-Nachrichten aufgezeichnet hat. Daraufhin erhob die Staatsanwaltschaft Essen Anklage und beschuldigte den Geschäftsführer und die Firmeninhaberin des gemeinschaftlichen Abhörens und Mitteilens von Nachrichten gemäß § 148 Abs. 1 Nr. 1 TKG in 4680 Fällen. Das Amtsgericht Essen-Borbeck (3 Ds 487/05) ließ durch Beschluss vom 05.12.2005 die Anklage zu, eröffnete das Hauptverfahren und bestimmte Termin für die Verhandlung auf den 08. 02. 2006. Der Termin zur Verhandlung fand nicht statt, denn einen Tag vor der Verhandlung wurde der Termin aufgehoben und das Amtsgericht stellte das Verfahren gemäß § 153 Abs. 2 StPO ein.

mitgeteilt von : Rechtsanwalt Michael Riedel, Köln

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Heinz G.

Re: Pressefreiheit und Abhörverbot - Verfahren eingestellt

#2

Beitrag von Heinz G. »

Einfach so eingestellt? Gibt es da Hintergrundinformationen?

Ich kann mir nicht vorstellen, daß eine derart kommerzielle Nutzung
von Scannern einfach so "unter den Tisch" gewischt werden kann?
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DHC117
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Re: Pressefreiheit und Abhörverbot - Verfahren eingestellt

#3

Beitrag von DHC117 »

Heinz G. schrieb am 15.02.2006 17:31 Uhr:
Einfach so eingestellt? Gibt es da Hintergrundinformationen?

Ich kann mir nicht vorstellen, daß eine derart kommerzielle Nutzung
von Scannern einfach so "unter den Tisch" gewischt werden kann?
Das ist der sogenannte Prominentenbonus !

73 DHC117
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