DocEmmettBrown hat geschrieben:Gretchenfrage: Hat das Haus denn bereits einen Blitzschutz oder noch nicht?
Das Haus und wesentliche seiner Modernisierungen stammen ungefähr aus der Zeit der Napoleonischen Kriege. Franklin stellte den Blitzableiter zwar bereits viele Jahre früher vor, aber irgendwie wurde dieser beim Hausbau nicht berücksichtigt. Im Gegenteil, beim Andrehen (kennt das noch wer) des Lichts muss man aufpassen, dass nicht irgendwo Gas ausströmt.
13 RF 071 hat geschrieben:Wenn der Blitz im Haus einschlägt,sagen alle Hausbewohner,daß es an Deiner Antenne liegt.Egal,was Du machst.
Ein nicht unwichtiger Gesichtspunkt. Vielen Dank.
Dipol hat geschrieben: Das ist verständlich, aber machen denn Blitze einen Unterschied ob sie in eine Freilandantenne bzw. die Zuleitungen für Satellitenempfang oder CB-/Amateurfunk einschlagen?
Mal andersherum gefragt: Wenn einer deiner Nachbarn dir über laienhafte Manipulationen zumuten wollte, höhere Risiken für Blitz- und Überspannungsschäden hinzunehmen, nimmst du das dann fatalistisch hin?
Ja, nehme ich bisher fatalistisch hin. Und zwar in vier Punkten:
1. Nahe des Hauses stehen grüne Bäume mit deutlich höherem Wuchs als Haus und geplante Antennen. Diese Bäume verfügen über keine menschlich hinzugefügte Erdungs-/Blitzschutzmaßnahme. Diese Bäume gelten nicht als Antenne, dennoch zeigt die Erfahrung, dass Blitze auch in solche einschlagen, weil sie auf das elektrische Feld wirken. Ich nehme diese mir nicht gehörenden Bäume fatalistisch hin.
2. Der Nachbar ein Grundstück weiter hat seit Jahren eine Fahne am geschätzt 8 m hohen Aluminiummast gehisst. Dieser Mast steht in vielleicht 10 m Entfernung von dem von mir bewohnten Haus und ist nur mechanisch fundamentiert, aber nicht geerdet. Rechtlich ist der Mast keine Antenne, elektrisch dürfte er gleichartig wirksam sein.
3. In ca. 200 m Entfernung steht seit Jahren ein ungefähr 18 m hoher ungenutzter Antennenmast, ebenfalls fundamentiert und ohne Blitzschutz. Auch den habe ich sorglos hingenommen. Wie alles andere steht er schon länger da als ich dort wohne.
4. Aus dem Haus selbst gibt es von der anderen Partei eine im Ergeschoß herausgeführte, in den Garten reichende Lichterkette.
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Der Verweis auf Normen ist nett, aber wenig hilfreich. Normen werden auch im Internet-Zeitalter weiterhin nur kostenpflichtig von z.B. Beuth-Verlag, VDE-Verlag, IEC als fantastische Einkommensquelle genutzt. Es stünde den Konsortien gut zu Gesicht, ihre Normen meinetwegen unformatiert und mit Rechtschreibfehlern zusätzlich direkt zu veröffentlichen, ähnlich wie dies mit RFCs erfolgt. So jedoch erinnert es an das Vorgehen des Klerus, das Volk dumm zu halten und/oder zu schröpfen. Seit ich für ein andere Projekt eine Normschrift für einen dreistelligen Betrag erworben habe und darin viele zu berücksichtigende Querverweise auf weitere, ebenfalls nur kostenpflichtig erwerbbare Normen vorgefunden habe, ist dieses Thema für mich durch.
Vielen Dank für das Stichwort "Blitzkugel", mit dessen Hilfe sich eine Schrift der Firma Dehn finden lässt. Darin begnet mir beim Anlesen:
Dehn hat geschrieben: Basierend auf der Hypothese des elektro-geometrischen Modells, dass sich der Leitblitzkopf den Objekten auf der Erde willkürlich und unbeeinflusst bis auf die Enddurchschlagstrecke annähert, lässt sich ein allgemeines Verfahren ableiten, das eine Überprüfung des Schutzraums beliebiger Anordnungen von Objekten gestattet.
(Fettung durch mich.)
Eine Hypothese hat also das Potential zu konkreten Auswirkungen auf den Füllgrad meines Geldbeutels. Das finde ich bitter.
[*]Aus Blitzschutzzone LPZ 0A ins Gebäude ein- oder ausgeführte Kabelschirme sind in den obligatorischen Schutzpotenzialausgleich der Gebäude einzubinden.
Auf den ersten Blick: In meiner Planung gibt es im Ruhezustand keinen durchgeführten Kabelschirm und auch kein Kabel, weil keine Bohrung durch die Außenwand usw. --> erfüllt.
[*]Antennen außerhalb der als sicher definierten Schutzzone von Fassaden sind blitzstromtragfähig mit dem Schutzpotenzialausgleich und einem normkonformen Erder zu verbinden.
Bei meiner Idee soll die Antenne ohne Verbindung zum Gebäude stehen und die Frage lautete: Ab welcher Entfernung ist das gegeben? Ich kann mir nicht vorstellen, eine entfernte Antenne ohne sonstige elektrische Verbindung zum Gebäude über die Entfernung mit einem Schutzpotenzialausgleich mit dem Gebäude verbinden zu müssen und über diesen womöglich noch Phänomene ins Gebäude einzutragen.
[*]Getrennte Erder sind gefährlich und seit jeher für Antennenerdungen unzulässig.
Wenn die Antenne im Ruhezustand keine Verbindung zum Gebäude hat... Der Ruhezustand besteht, damit es hier keine Missverständnisse gibt, zu mehr als 99% der Zeit. Vielleicht eine Stunde pro Woche - also 52 Stunden im Jahr - gäbe es eine variable, nicht ortsfeste Anbindung
unter Aufsicht. Durch die organisatorische Maßnahme der
Aufsicht soll der stundenweise Betrieb nur in gewitterloser Zeit erfolgen.
[*]Auch temporärer Antennenbetrieb unterliegt den Anerkannten Regeln der Technik.
Diesen Fall haben wir hier also.
Angesichts geplanter
- Vermeidung der Beschädigung von Vermieter-Eigentum = keine Wanddurchbrüche, keine Verschandelung historischer Bausubstanz durch stationär verlegte Leitungen usw. und somit ohne dauerhafte Verbindung Antenne - Gebäude,
- variabler, nur zu Zeiten geringsten Funkbetriebs verlegter Anschlussleitungen, die nur in Zeiten ohne Gewitterneigung bestehen (organisatorische Lösung),
- geringster Nutzung von 52 h / (24*365) h = 0,0077 Teil eines Jahres
...scheint mir dieses Argument ein unverhältnismäßiges Totschlagargument zu sein.
[*]Nach Ablauf der Übergangsfrist der Neunormen DIN VDE 0100-443 und DIN VDE 534 im Oktober sind zudem Überspannungsschutzableiter Pflicht.
Bei einer Antenne, die normalerweise vom Gebäude getrennt sein soll, sehe ich hier extreme technische Schwierigkeiten des Einbaus, da dazu die Antenne normalerweise (ständig) verbunden sein müsste bzw. über die Ableiter verbunden wird.
Mein Eindruck der Blitzschutzverordnung ist nunmehr dieser:
1. Sobald ein Gegenstand als Antenne
bezeichenbar ist, unterliegt deren Betreiber/Besitzer voll der Blitzschutzverordnung und insbesondere jedweder denkbaren Haftung.
2. Bei Gewitter sollte ein Transistorradio mit Teleskopantenne ins Haus verbracht werden, weil es sich ansonsten um den temporären Betrieb einer nicht der Blitzschutzverordnung entsprechend betriebenen Antenneneinrichtung handelt.
3. Der meiner Ansicht nach gefährlichere Betrieb eines bei Gewitter als Regenschutz nach oben gehaltenen Regenschirms ist weiterhin frei, weil es sich um einen Schirm und nicht um eine Antenne handelt.
4. Auch Bäume sind frei, obwohl sie das elektrische Feld nachweislich verzerren und zu nahen Blitzeinschlägen führen können.
5. Bzgl. meiner oben genannten Beispiele "Fahnenmast", "Lichterkette", "200 m entfernter Antennenmast ohne Antenne" bin ich mir nun unschlüssig, ob ich hier "fatalistisch" zugunsten gut-nachbarschaftlicher Verhältnisse Risiken hinnehme.
Weit abstehende Bäume verursachen weder Schäden noch können sie nach Blitzkugel- oder Schutzwinkelverfahren nutzen. Bei nahestehenden Bäumen ist eine Schutzwirkung aufgrund ihrer Hochohmigkeit bestenfalls minimal und das Risiko, dass Blitzströme abspringen meistens größer.
Das schließt den Bogen zu meiner ursprünglichen, eigentlichen Frage: Welcher Abstand zum Gebäude ist "weit", so dass es keine Gebäude-bezogenen Maßnahmen des Blitzschutzes braucht?
Nach der bisherigen Konversation gehe ich davon aus, dass selbst eine solche Antennenanlage Blitzschutz braucht:
1. Aufbau mindestens 15 m vom Gebäude entfernt
2. Über diese Distanz bis auf bei seltenem, überwachten Betrieb ohne jede Drahtverbindung zum Gebäude
3. Beim seltenen, überwachten Betrieb existiert nur eine nicht fixierte, temporäre Drahtverbindung
4. Die Antenne selbst besteht aus 25 m Draht, gespannt über zwei GFK-Masten mit 12 m Höhe und Umlenkrollen.
5. Beim überwiegenden Nichtbetrieb liegt der Antennenleiter am Boden, die Antenne besteht dann nur noch aus zwei nichtleitenden GFK-Masten von 12 m Höhe, über die jeweils ein nichtleitendes Seil führt.
Denn es ist dann selbst beim Nichtbetrieb rechtlich wohl immer noch eine Antennenanlage, obwohl technisch neutral für das elektrische Feld.
Ich finde das sehr bedauerlich. Im nächsten Leben werde ich Jurist.